Kieler Nachrichten vom 06. September 2009
Sprühend
spritziger Spielwitz
Mo' Blow
boten im Bordesholmer Savoy Kino eine explosive Mischung aus Funk, Soul
und Jazz
Bordesholm - Wenn Club-Bands aufschlagen, dann verdorren die Vorschusslorbeeren mitunter schnell, sobald der Club zur Musik fehlt. So wie im Bordesholmer Savoy Kino, das mit Tischlampen und dem Kinoplüsch alter Tage zwar als stimmungsvoll und cool, kaum aber als "clubby"bezeichnet werden kann. Mo' Blow, angepriesen als eine der heißesten Vertreter benannter Zunft, wirken auf der hell beleuchteten Bühne zunächst auch etwas tapsig, als sie ihre Instrumente mit kaltem Klacken in die zähe Stille nach dem verebbten Anfangsapplaus drapieren. Doch es dauert kaum drei vitale, kraftvolle Drum-Schläge von André Seidel, um zu spüren, dass dieser Groove keine Mogelpackung für nächtlich durchsoffene Großstadtclubs ist, sondern einer tiefen, sachverständigen und emotional-virtuosen Kunstfertigkeit entspringt.
Das improvisationswütige Jam-Kollektiv sprüht vor Spielwitz und gibt sich nicht mit dem immer gleichen Durchdeklinieren von Groove-Figuren ab. Emblematisch steht da das mit knurrendem Baritonsaxofon vertonte englische Katerfrühstück Coke & Baked Beans. Ein freier, experimentierfreudiger Groove-Funk-Jazz, in dem vor allem Schlagzeuger André Seidel mit enormen Spieltrieb an den Songs herumwerkelt. Ihm gelingt es, sogar einen gerade angelegten Beat in erfrischende Schräglage zu versetzen. Taktwechsel verquirlt er so gewandt, dass sie dem Groove nichts anhaben können. Glaubt man Bandleader Felix F. Falk, bekommt er seine Austobzeit vor allem, "weil er sonst unausstehlich ist". Tatsächlich bekommt er sie, weil der Schlagzeuger mit den Freiräumen mehr anfangen kann, als kalt und technisch Pattern an Pattern zu kleben.
Wendig, frisch und eloquent sind die Kompositionen aus der Feder von Saxofonist und Stimmführer Felix F. Falk. Es knackt und zischt an allen Ecken und Enden. Der Groove ist spritzig und explosiv, da passt das manchmal eine Spur zu quirlige und atemlose, perkussive Sax-Spiel mit attackierenden Klappen und Slap-Tongue ganz fantastisch. Groove-Soul-Funk-Jazz, die Schwerpunkte variieren, nicht selten sogar im Stück selbst.
Besonders stark sind Mo' Blow beim Funk. Groove's Man ist so ein formidabler, wüstentrockener Funk-Kracher, der nur noch von Ricky The Lobster an Knackhärte und Einschlagtiefe übertroffen wird. Auch, weil dieses Stück ein lupenreines Bass-Feature-Stück ist und Tobias Fleischer eine ganz außergewöhnlich erdige Funkiness besitzt. Matti Klein, seines Zeichens Fender Rhodes-Spezialist mit Hang zum verschleppten Timing, pirscht sich aufs Eleganteste von hinten an die Songs heran, hängt sich mit warmen und zupackenden Sounds gekonnt vor oder hinter die Takt-Betonungen. Ein wahrer Groove-Virtuose. Am Ende der zweiten, vehement geforderten Zugabe, wischt sich schließlich ein völlig leergepusteter Felix Falk den Schweiß von der Stirn: „Ihr macht uns fertig. Die Tour fängt doch gerade erst an.“ Wie soll das erst in den partygierigen Clubs der Republik enden? (Manuel Weber)